Coburg – „Echte Körper auf Tour“: Stadt Coburg prüft Veranstaltung im Detail

Nach Rücksprache mit Ordnungs-, Rechts- und Standesamt kann die Stadt Coburg nachfolgende Sachlage zur Ausstellung „Echte Körper auf Tour“ präsentieren.

Bayern24 - Franken-Tageblatt - Coburg -Coburg – Eine Genehmigungspflicht für die Veranstaltung seitens der Stadt kann aus der Entscheidung des bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (VGH) in seinem „Körperwelten-Urteil“ im Jahr 2003 nicht herausgelesen werden. Im vorliegenden Fall ist die Anzeige der Veranstaltung, die bereits beim Ordnungsamt erfolgt ist, daher grundsätzlich ausreichend.

Darüber hinaus kann die Stadt aber von Amts wegen einschreiten und im Einzelfall die Durchführung einer Ausstellung beispielsweise vollständig oder teilweise untersagen, wenn sie der Auffassung ist, dass eine geplante Ausstellung den Anforderungen des Bestattungsrechts widerspricht. Bei einer Vorort-Begehung werden sich Vertreter des Ordnungs-, Rechts- und Standesamts einen Eindruck verschaffen und eine Prüfung der Ausstellung vornehmen.

Die Stadt Coburg folgt insoweit der Entscheidung des VGH aus dem Jahr 2003. Demnach ist für die Frage, ob eine öffentliche Ausstellung von Leichen zulässig ist oder nicht, die Regelung des Artikel 5 Bestattungsgesetz maßgeblich. Danach darf mit Leichen nur so verfahren werden, dass keine Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu befürchten sind und die Würde des Verstorbenen sowie das sittliche Empfinden der Allgemeinheit nicht verletzt werden. Eine didaktisch motivierte, Aufklärungszwecken dienende Ausstellung auch von Ganzköperplastinaten verletzt nach Auffassung des VGH nicht die in Art. 5 BestG niedergelegten Anforderungen. Ein generelles Verbot hierfür erkennt das Gericht nicht.

Die Erfindung, Weiterentwicklung und Anwendung der Plastination als anatomische Präparationsmethode wird von der Forschung als Teilbereich der Wissenschaftsfreiheit erfasst. Diese kann nach Ansicht des VGH auch außerhalb einer wissenschaftlichen Einrichtung erfolgen und umfasst auch die Präsentation der Plastinate in Form der Ausstellung als populärwissenschaftliche Vermittlung anatomischer Gegebenheiten. Die Grenze des Zulässigen wird erst dann überschritten, wenn die Menschenwürde verletzt wird. Verboten sind etwa herabwürdigende, lächerlichmachende oder erniedrigende Verfahrensweisen, bei denen der pädagogische Zweck in den Hintergrund tritt oder überhaupt nicht vorhanden ist.

Aus dem Internetauftritt des Veranstalters ergeben sich derzeit keine Anhaltspunkte dafür, die nach den vom VGH gesetzten Maßstäben zu einer vollständigen oder teilweisen Untersagung der Ausstellung führen könnten oder müssten. Eine detaillierte Ausstellungsbeschreibung sowie die Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung, mit welcher das Vorliegen der notwendigen Einwilligungen in die Plastination glaubhaft gemacht wird, wurde vom Veranstalter angefordert. Diese Unterlagen werden geprüft, sobald sie bei der Stadt Coburg eingegangen sind.

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Stadt Coburg

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