Eine Kaufprämie soll Starthilfe geben.
Leitartikel von Stefan Stark
Presseschau – Regensburg – Die Bundesregierung fährt eines ihrer wichtigsten umweltpolitischen Ziele krachend gegen die Wand: Eine Million Elektroautos sollen bis 2020 auf deutschen Straßen unterwegs sein. Getrieben von immer schärferen EU-Vorgaben machte sich Angela Merkel diese Forderung zu eigen. Von dieser Zahl ist Deutschland aber Lichtjahre entfernt. Sollten die Verkäufe in diesem Schneckentempo vorangehen, würde Merkels großes Elektromobilitätsziel frühestens im Jahr 2200 in Erfüllung gehen.
Eigentlich klingen die Begründungen für Merkels ehrgeizige Zielmarke plausibel. Der Verkehr soll weniger CO2 ausstoßen und die Bundesrepublik zum Leitanbieter für Elektroautos werden. Denn letztlich steht die Zukunft der deutschen Autoindustrie mit Hunderttausenden Arbeitsplätzen auf dem Spiel, falls der technologische Anschluss verloren geht. Außerdem hätte ein Elektroboom auf der Straße den schönen Nebeneffekt, dass die Belastung der feinstaub-, stickoxid- und lärmgeplagten Großstädter verringert würde – zumindest, solange die E-Autos reinen Ökostrom tanken. So weit die Theorie. Doch die Realität ist davon genauso weit entfernt wie ein spritfressendes SUV von der Auszeichnung mit dem Umweltengel.
Der Verkehr in Deutschland rollt weitgehend ohne Strom über die Straßen. Die Gründe dafür liegen gleichermaßen bei den Käufern, der Politik und der Industrie. Die Autofahrer streiken bei Elektrofahrzeugen, weil sie im Vergleich zum Benziner oder Diesel einfach viel zu teuer sind. Kaum jemand ist bereit, 15 000 oder 20 000 Euro Aufschlag zu bezahlen, wenn dann auch noch die Reichweite stark begrenzt ist und es kein flächendeckendes Ladenetz gibt. Solange sich das nicht grundlegend ändert, werden batteriebetriebene Pkw ein Nischenprodukt für einige wenige Öko-Idealisten bleiben – oder für Besserverdiener, die sich einen Stromer als Drittwagen und Spaßfahrzeug in die Garage stellen.
Die deutsche Autoindustrie wiederum, die nun nach staatlichen Förderprämien ruft, hat den E-Trend lange verschlafen oder nur halbherzig verfolgt und zugesehen, wie japanische und chinesische Hersteller den Markt unter sich aufteilen. Vielleicht waren die enormen Gewinne aus dem konventionellen Geschäft ein zu gutes Ruhekissen für die deutschen Premiumfirmen. Vielleicht wollte man auch nicht wahrhaben, dass die Kernkompetenz des Motorbaus irgendwann durch Batterieantriebe Made in Asien überflüssig werden könnte. Nach wie vor stecken die deutschen Hersteller ihre Hauptenergie in immer größere, immer stärkere und immer schwerere Limousinen und Geländewagen.
Und nun sind wieder die Käufer im Spiel, die den Autobauern die dicksten Geländekisten und auch renntaugliche PS-Boliden förmlich aus den Händen reißen. Hier spielen Kosten scheinbar keine Rolle. Erst seit kurzem drückt die deutsche Autobranche aufs Gas und bietet langsam eine nennenswerte Palette von Elektro und Hybridmodellen an. Doch offensichtlich geht dieses Angebot völlig am Markt vorbei, wie die bescheidenen Verkaufszahlen eindrücklich belegen. Gefragt wäre ein Elektroflitzer, der auch für einen Normalverbraucher bezahlbar ist. Die Politik muss Hausaufgaben beim Ausbau der Infrastruktur machen. Und vor allem könnte sie die Elektroautos indirekt fördern, indem sie Abgaswerte für Diesel und Benziner verschärft. Besonders große Spritfresser könnte man mit einer Strafsteuer belegen, wie dies jetzt Umweltministerin Barbara Hendricks anregte.
Diese Idee hätte einen doppelten Charme: Elektroautos bekämen automatisch einen Vorteil – und es würde die meisten Steuerzahler nichts kosten – im Gegensatz zur derzeit diskutierten Elektroprämie von 5000 Euro. Wenn diese nicht in ein nachhaltiges Gesamtkonzept eingebettet wird, würde sie letztlich nur die Bilanzen der Autofirmen verschönern.